Programm:
Tianyang Zhang: Mo I (2023, UA)
für Firebird-Trompete, E-Gitarre, Posaune und Violoncello
José Luis Perdigón: exiled in a pot (2023, UA)
für Ensemble
Neil Luck & Mimi Doulton: Five English Folk Songs
Performance mit Boris Müller, Schlagzeug und Florian Hoelscher, Klavier
Beltrán González: inhabited by a cry (2023, UA)
für Trompete, Klavier, E-Gitarre und Cello (2023, UA)
Stefan Litwin: Huakajchi (2022/23, UA)
für Klavier solo
Rachel C. Walker:
مَا انفَكَّ يَنْدِفُ
And keeps on falling (2023 UA)
für Ensemble
Zu den Stücken
Neil Luck / Mimi Doulton: FIVE ENGLISH FOLK SONGS
is a collection of marginal traditional singing techniques and songs dug out by Neil and Mimi. These five songs all explore magical forms of communication with non-human energies; Flora, Fauna, Deities, The Dead, and the Quasi-Dead.
Some liberties have been taken with interpretation; melodies swapped out, lyrics changed, structures altered, sounds invented, stories retold, truths averted.
Beltrán González: inhabited by a cry
It is slowly growing from within. Sometimes fractionary, something approaches.
In many forms and spaces, taking one by one.
Will it come out?
We don’t know yet.
Stefan Litwin: Huakajchi
Am 11. September 2023 jährt sich zum 50. Mal der Tag, an dem der demokratisch gewählte Präsident Chiles, Salvador Allende, durch einen Militärputsch gestürzt wurde. In Folge folterten und ermordeten die Militärs tausende Menschen, unter ihnen auch den Sänger Víctor Jara. Als Vertreter der Nueva Canción hatte Jara mit seinen sozialkritischen Liedern die politischen Verhältnisse seiner Heimat besungen und bereits vor der Präsidentschaft Allendes immense Popularität erlangt. Eines seiner Lieder, Plegaria a un labrador / Gebet an einen Landarbeiter, ist dem Vater unser nachempfunden — in revolutionärer Umdeutung im Sinne der lateinamerikanischen Befreiungstheologie.
Die Melodie, Gesängen der Andenvölker verwandt, basiert auf einfachen Tonleiterschritten und illustriert mit ihrer Aufwärtsbewegung das erste Wort des Liedtextes Levantate. Die gesamte Anfangszeile Levantate y mira la montaña / Steh auf und betrachte den Berg erweckte in mir die Assoziation an den bolivianischen Berg Huakajchi / Der Berg, der weinte. Die indigene Bevölkerung taufte diesen Berg so, weil er als stiller Zeuge dem berüchtigten Cerro Rico gegenübersteht, jener gewaltigen Silbermine, in der hunderttausende versklavter Menschen von den Conquistadores und späteren Kolonialherren zu Tode geschunden wurden. Die jahrhundertelange Ausbeutung der Schächte führte schließlich dazu, dass große Teile des Cerro Rico einstürzten und eine Kraterlandschaft hinterließen.
Das in freier Variationsform gehaltene Klavierstück greift die Idee des Gebets auf und verarbeitet die Melodie Víctor Jaras in der Art eines Choralvorspiels — eine Hommage an den chilenischen Barden, dessen Schicksal mit der gewaltsamen Historie seines Heimatlandes verknüpft bleibt.
Der Fundación Víctor Jara in Santiago de Chile und insbesondere der Tochter des Sängers, Amanda Jara, sei für die Genehmigung gedankt, das Lied zitieren und verarbeiten zu dürfen.
Rachel C. Walker:
مَا انفَكَّ يَنْدِفُ
And keeps on falling
„And keeps on falling“ setzt meine Zusammenarbeit mit dem Dichter Nadeem Al-Aloosi fort und verwendet als Ausgangsmaterial einen Text aus seinem Gedichtzyklus über Malak Alzumarud (den Smaragdengel). Der Text, der zwischen konkreten Bildern und der metaphorischen Welt des inneren Selbst changiert, wird zur Grundlage für einen musikalisch-psychologischen Dialog zwischen den Musikern des Ensembles Ascolta.
In this piece I have tried to explore different types of ’spaces‘, such as acoustic or mental. Sound layers overlap or disappear, producing changes in density and perception of time.
Tianyang Zhang: Mo I
MO“ bedeutet auf Chinesisch „Tinte“, die in der gesamten chinesischen, sogar asiatischen Malereigeschichte das gebräuchlichste Zeichenmaterial ist. Was mich so sehr inspiriert hat, sind die verschiedenen Pinselstriche, die sowohl die Helligkeit des Lichts als auch die Entfernung aus verschiedenen Perspektiven darstellen können. In einem Gemälde, auf das ich mich bezogen habe, werden die Zartheit der Blütenblätter und die Härte der Steine durch die Dichte und Dicke der Linien und die Tiefe der Tusche anschaulich charakterisiert. Die Kombination von musikalischen Gesten ähnelt einem Gemälde: wie ich die Charaktere der Klangfiguren offenbare, wie ich den Kontrast zwischen ihnen offenbare, wie ich sie nicht nur durch „Linien“, sondern auch durch „Leere“ auf einer Leinwand konstruiere.